Medientage München: Wieviel öffentlich-rechtliches Web verträgt der Markt?
München ? Am Mittwoch, 7. November, eröffnete der Bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein die 21.Münchner Medientage. In seiner ersten Medienrede als Ministerpräsident gab er sich als ausgleichender Moderator, der es am liebsten sähe, wenn sich alle Beteiligten von alleine einigten. Ohne Richter in Karlsruhe oder Brüssel, ohne eine zu enge Regulierung durch den Staat. Beckstein möchte möglichst nur dort eingreifen, wo Persönlichkeitsrechte, Jugendschutz oder Urheberfragen berücksichtigt werden müssen. Doch danach sieht es momentan nicht aus. Die Debatte der diesjährigen Medientage geht um eben diese Regulierung in einer Zeit, in der bislang im Markt fein säuberlich getrennte Medienunternehmen im Internet aufeinandertreffen. Insbesondere die Internetaktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender wie ARD und ZDF stehen dabei im Kreuzfeuer. Sie sind zwar werbefrei, werden aber durch Gebühren finanziert. Die privaten Fernsehsender wie RTL oder auch die Zeitschriftenverleger sehen darin eine Wettbewerbsverzerrung. Ein Beispiel: Der Verleger Hubert Burda gibt eine Gartenzeitschrift heraus, die nun auch online geht. Gleichzeitig gibt es auch im ZDF-Online-Angebot Gartentipps. Burda muss um Klicks kämpfen, während das ZDF in seinen Fernsehsendungen auf das Webangebot hinweisen kann. ?Wir verzichten bewusst auf Werbung, E-Commerce und Regionalisierung sowie auf kommerzielle Links?, versucht der Intendant des ZDF, Markus Schächter, in der Auftaktveranstaltung Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch seine private Kollegin von RTL, Geschäftsführerin Anke Schäferkordt, reicht das nicht: ?Welchen Auftrag haben die Öffentlich-Rechtlichen mit den Gebühren zu erledigen?? Was Private können, davon mögen die Öffentlich-Rechtlichen die Finger lassen, wünschen sich die Sender und Verleger. Mit Gebühren für eine Meinungsvielfalt auch im Internet, dem Medium der jungen Generation, zu sorgen, ist der Wille der Intendanten. In einem Drei-Stufen-Plan möchten sie künftig gebührenfinanzierte Programminnovationen legitimieren lassen. Zunächst soll festgestellt werden, ob es dem Auftrag entspricht, dann in welchem Maße es in den Markt eingreift und schließlich sollen alle Konkurrenten ihre Bedenken und Einwände formulieren können, bevor ein noch nicht festgelegtes Gremium die Argumente abwägt. In England funktioniert dieses System bereits. Allerdings dauert der Abstimmungsprozess dort bis zu einem Jahr. Wenn das ZDF aus seinem Theater- einen Kulturkanal machen möchte, wird es also dauern. Derweil hat Schächter den Verlegern von Zeitschriften und Zeitungen angeboten, kostenfrei auf das gebührenfinanziere Programmmaterial zurückzugreifen, sofern es urheberrechtlich keine Bedenken gibt. Der ZDF-Gartentipp könnte dann also auf Burdas Garten-Angebot als Online-Video laufen.
tab / 7. November 2007