21.09.2006
FEUERWEHREN IN AUFRUHR: Zieht der Bund seine Fahrzeuge ab?
VON TIM BIRKNER
Die bayerischen Feuerwehren befürchten eine drastische Verschlechterung ihrer Ausrüstung für den Katastrophenfall. Von den Sparplänen der Bundesregierung seien im Landkreis Coburg drei Fahrzeuge betroffen, sagt Kreisbrandrat Sandor Aladi im einen Gespräch mit der Neuen Presse.
COBURG ? Der Bund plant, den Zivilschutz neu zu organisieren. ?Die Feuerwehren bekommen Gelder abgezogen, das dann zu Technischem Hilfswerk und Rotem Kreuz fließen soll?, so Aladi. Das hätte ganz konkrete Auswirkungen auf den Landkreis.
In Scherneck gehört das Löschgruppenfahrzeug LG16-TS dem Bund. ?Wenn es abgezogen würde, wäre das eine Katastrophe?, so der Kreisbrandrat. Die Gemeinde Untersiemau müsste umgehend ein neues Fahrzeug kaufen. ?Der Bund wird die Fahrzeuge den Kommunen anbieten. Entweder die kaufen, oder sie stehen ohne da?, glaubt Aladi. Die Unterhaltskosten würden ohnehin gestrichen werden. Keinen Zuschuss für den Stellplatz mehr, keine Übernahme von Reperaturkosten, keine Treibstoffpauschale mehr.
?Das würde unsere gesamte Feuerwehrkonzeption über den Haufen werfen?, kommentierte Bürgermeister Günther Kob. ?Wir haben das Fahrzeug immer gepflegt und in Ordnung gehalten. Wir haben das gerne getan?, so Kob. ?Wir brauchen dieses größere Fahrzeug mit Atemschutz. Und wir haben auch weiterhin damit gerechnet.?
Kob ist von dem Vorstoß des Bundes völlig überrascht. ?Was sollen denn die Kommunen noch alles schultern??, fragt er.
Auch in Weitramsdorf steht ein Fahrzeug des Bundes. Ein Schlauchwagen mit zwei Kilometern Löschleitungen an Bord, der SW2000. ?Auch der würde uns fehlen. Wir könnten ohne ihn keinen Brandschutz für die großflächigen Waldgebiete gewährleisten?, so der Kreisbrandrat. Der nächste Schlauchwagen steht in Ebersdorf. ?Viel zu weit weg?, findet Aladi.
Das dritte Fahrzeug ist der Dekontaminationszug, der in Rödental stationiert ist. Er wird im Rahmen des ABS-Schutzes möglicherweise als Bundesfahrzeug erhalten bleiben.
Aladi versteht die geplante Neuorganisation nicht: ?Niemand hat einen Grund, sich über die geleistete Arbeit der Feuerwehren zu beschweren.?
Annette Ziesig, Pressesprecherin im Bundesinnenministerium, versteht die Aufregung nicht. ?Der Katastrophenschutz ist Sache der Länder?, sagt sie. ?Der Bund wird sich in Zukunft verstärkt dem ABC-Schutz und dem Massenanfall von Verletzten zuwenden?, skizziert Ziesig die Richtung in die in den Gremien derzeit diskutiert wird. Das Ausstattungskonzept wird sich künftig verstärkt auf Spezialfahrzeuge konzentrieren.
?Was der Bund für den Brandschutz tun musste, hat er getan. Allein 9000 Fahrzeuge haben wir seit 1995 angeschafft?, weist die Sprecherin Vorwürfe zurück. Für das Bundessinnenministerium sagt sie: ?Die vorhandenen Fahrzeuge werden wir nicht zurückfordern. Sie gehen in die Hand der Länder.?
Auch der Sprecher des Bayerischen Innenministeriums, Rainer Riedel, betont: ?Die bisherigen Fahrzeuge bleiben dort, wo sie sind. Das stand nie zur Debatte.? Allerdings werden die Kommunen die mittel- und langfristigen Folgen spüren. Wenn die Fahrzeuge in die Jahre kommen und ersetzt werden müssen, müssen die Kommunen diese neuen Fahrzeuge finanzieren.
All die Annehmlichkeiten, die die Bundesfahrzeuge mit sich brachten, sind gestrichen. Die Gemeinden Untersiemau und Weitramsdorf müssen in Zukunft den Stellplatz für die Fahrzeuge selbst bezahlen. Sie müssen den Treibstoff selbst bezahlen, sie müssen die Reperaturen selbst bezahlen; genau wie andere Kommunen ohne Bundesfahrzeuge dies heute schon tun.
Die künftige Ausrichtung des Zivilschutzes auf ABC-Schutz und den Massenanfall von Verletzten wird auch für die Feuerwehren Vorteile bringen, so Riedel. Insbesondere der ABC-Schutz soll bei den Feuerwehren angesiedelt bleiben und sogar ausgebaut werden.