28.September 2007
AHORN - Im Rathaus in Ahorn sitzt Martin Finzel in dem Zimmer, das direkt vor dem Bürgermeisterbüro liegt. Er betont, die team- und projektorientierte Arbeit in der Verwaltung. Als "ganzheitlicher Sachbearbeiter" verantwortet jeder oder jede im Rathaus seinen eigenen Bereich. Und Martin Finzel verantwortet den Bereich des Bürgermeisterbüros. Wer außerhalb der Öffnungszeiten an der Rathaustüre klingelt, dem kann es passieren, dass als erstes ein kleiner schwarzer Hund auf ihn zuspringt. "Flippi" bringt den Besucher dann sicher in den ersten Stock.
Trinkt Bürgermeister Wolfgang Dultz seinen Kaffee eigentlich schwarz oder mit Zucker und Milch?
Mit Milch, ohne Zucker.
Wenn der Bürgermeister morgens ins Büro kommt: Woran erkennen Sie, dass er gute Laune hat?
An der Geschwindigkeit, in der er die Treppe hochkommt. Sie bekommen mit der Zeit ein Bauch-Gefühl "nicht nur für den Bürgermeister" sondern auch für die Bürger, die ins Rathaus kommen. Viele kommen mit ihrem Anliegen vor dem Bürgermeister erst einmal an uns. Wir versuchen dann, die Dinge im Hintergrund zu klären, bevor sie anbrennen.
In einem halben Jahr sind wieder Kommunalwahlen. Für Wolfgang Dultz ist das das Ende seiner Bürgermeisterzeit. Ist der Bürgermeister da nervöser als sonst?
Grundsätzlich ist er sehr aufgeräumt, aber das Ganze hat eine menschliche und eine berufliche Komponente. Persönlich, denke ich, kann er den Schnitt machen und hat dann endlich mehr Zeit für seine Frau und seine Familie. Er wird Dinge anpacken, für die er bislang keine Zeit hatte. Der berufliche Aspekt ist ein anderer und für ihn denke ich schwieriger, denn es sind ja nicht alle Projekte abgeschlossen. Dennoch muss er sein Amt übergeben und darauf vertrauen, dass andere das genauso gut fortsetzen, was man selbst begonnen hat. Nach 40 Jahren im Beruf ist das, glaube ich für ihn der Knackpunkt. Ein Ahorn ohne Wolfgang Dultz wird aber in jedem Fall anders aussehen.
In den Vorzimmern der Bürgermeister sitzen meistens Frauen, die Bürgermeistersessel sind im ganzen Coburger Land mit Männern besetzt. Was meinen Sie, haben Frauen kein Interesse an einem solchen Amt?
Ich habe, alleine durch mein Studium, Erfahrung mit Frauen in Führungsämtern und bin mir sicher, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird. Dennoch glaube ich, dass es Frauen, gerade auch in diesem Beruf, doppelt schwer haben, da sie sowohl dem modernen, als auch einem traditionellen Rollenbild entsprechen müssen. Besonders in der mittleren Generation. Für viele heißt es sich da zwischen einem normalen Beruf mit Familie oder dem Bürgermeisteramt zu entscheiden, denn der Beruf Bürgermeister/in erfordert viel Zeit am Abend und am Wochenende. Männer haben es da mitunter einfacher und ich bin mir sicher, dass viele Bürgermeister ihr Amt nur deshalb ausfüllen können, weil ihnen ihre Frauen im Hintergrund den Rücken frei halten - das sehe ich bei meinem Chef auch. Aber ich glaube, dass auch das sich in meiner Generation ändern wird und auch Männer moderner werden und gleichberechtigt Verantwortung übernehmen wollen. Von der Qualität gibt es für mich zwischen Frauen und Männern keinen Unterschied und für mich zählen die persönliche Leistung sowie der Charakter, nicht das Geschlecht. Grundsätzlich würden Frauen - und mit Ihnen zum Beispiel die Fähigkeit Kompromisse zu schließen - der Politik gut tun.
An Ihnen kommt niemand vorbei, wenn er zum Bürgermeister will. Verraten Sie uns Ihre beste Ausrede, warum es gerade eben nicht möglich ist, den Bürgermeister zu sprechen?
Wir lügen nicht. Wenn es schlecht ist, ist es schlecht; wenn er arbeitet, arbeitet er. - Und "Kopfschmerzen" als Ausrede gibt es nur im Eheleben. Ich merke, dass die Bürger dafür auch Verständnis haben. Wir vereinbaren eben einen Rückruf, oder versuchen einen anderen Ansprechpartner im Rathaus zu finden.
Sie erleben hier jeden Tag eine ganze Menge. Was werden Sie Ihren Enkeln noch erzählen?
Bis zu meinen Enkeln wird es noch ein wenig dauern. Schön ist aber, dass hier im Rathaus oft auch mein Hund mitkommen kann. Denn meine Eltern und ich teilen uns die Verantwortung und wer gerade Zeit hat, nimmt ihn mit. So ist unsere kleine Mischlingshündin "Flippi" nicht alleine und saust oft auch bei mir im Rathaus unter dem Schreibtischen herum. Letztens war eine Kindergartengruppe aus Ahorn zu Besuch. Und Wochen später habe ich ein kleines Bild von der damals 5jährigen Luca geschenkt bekommen, auf dem ich mit meinem "Tiger" drauf war. Das sind einfach die schönen Dinge. Auch als wir das Rathaus verhüllt haben, das war ein echtes Erlebnis.
Mal ganz ehrlich: Denkt der Bürgermeister an Ihren Geburtstag?
An meinen Geburtstag denkt er, weil die Kollegen hier im Rathaus daran denken. Sie wissen ja, dass gerade diese Daten im Einwohnermeldeamt zusammen laufen und wir legen untereinander bei jedem Geburtstag zusammen, damit jeder ein kleines Geschenk bekommt. Da gratuliert der Bürgermeister natürlich auch und das macht das Kollegiale aus.
INTERVIEW: TIM BIRKNER