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Ein wenig mehr Eigenverantwortung

"Das Lernen lernen ist das A und O", findet der Direktor des Arnold-Gymnasiums, Wolfgang Oswald. Sein Blick geht immer auch in die Zukunft. Foto: Tim Birkner

20. Juni 2009

 

Neustadt - Das Arnold-Gymnasium wird 100 Jahre alt. Seit 13 Jahren ist Wolfgang Oswald dort Direktor. Für den 59-jährigen Physik- und Mathematiklehrer aus Leidenschaft ist klar, dass er bis zum Ende seiner Schullaufbahn in Neustadt bleiben möchte. Seine Liebe gehört der Mathematik: Probleme erkennen und Lösungsstrategien entwickeln. So sieht er auch seine Aufgabe am Arnold-Gymnasium, hier möchte er koordinieren und Freiräume für Kreativität schaffen. Das Leben in diesen Freiräumen müssen andere besorgen. Die Neue Presse sprach mit ihm über die vergangenen 100 Jahre, den Charakter und die Zukunft der Schule.

Was wussten Sie eigentlich vom Arnold-Gymnasium, als Sie sich hier beworben haben?

(lacht) Ich wusste, dass Max-Oskar Arnold nicht im "Großen Brockhaus" verzeichnet war, dort habe ich als erstes nachgeschaut.

Wenn Sie rückblickend an die ersten Tage denken, was ist Ihnen in Erinnerung geblieben?

Das war sehr positiv. Es war eine Schule mit einem guten, fortschrittlichen Geist und da war ein offenes Denken. Ich habe zum Beispiel eine Schule vorgefunden, in der es regelmäßig pädagogische Gesprächskreise gab. Das wurde dann erst zwei, drei Jahre später in ganz Bayern populär, nämlich in Form von Programmen zur Schulentwicklung.

Wann haben Sie sich bei allem Blick in die Zukunft dann zum ersten Mal mit der Geschichte befasst?

Das war gleich zu Beginn. Es gab die offene Frage: Wie alt ist unsere Schule denn? Wenige Jahre bevor ich kam, wurden 70 Jahre gefeiert. Da stand dann der 75. Geburtstag an - was das Geburtsjahr 1923 bedeutet hätte. Die Historiker haben nachgeforscht: 1923 wurde die bestehende Schule in das bayerische Schulwesen übernommen. Doch die eigentliche Gründung war 1909. Für mich ist interessant, warum diese Schule gegründet wurde und von wem. Es war ja nicht irgendein Beschluss - vielleicht eines Herzogs - sondern es war der Stadtrat von Neustadt. Diese Schule damals war natürlich nicht das Arnold-Gymnasium von heute, eher eine Art M-Zweig, wie er vor etwa 20 Jahren offiziell an den Hauptschulen eingeführt worden ist. Die Möglichkeit, die Mittlere Reife in Neustadt zu erlangen, war dem Stadtrat ein Anliegen. Dem sind wir heute noch verpflichtet. Wenn wir heute eine Schule in Tansania unterstützen, sehe ich da einen Zusammenhang. Wir wurden vor 100 Jahren von der Bevölkerung unterstützt, jetzt ist es an uns, andere zu unterstützen. Wir unterstützen eine Schule für Mädchen, die sonst überhaupt keine Schulbildung bekommen könnten. Mit diesem Projekt haben wir uns identifiziert. In vielen unserer Schulaktionen sammeln wir Geld für diese Schule, am spektakulärsten war sicherlich der L.A.U.F. vor zwei Jahren mit einer Spendensumme von 12.500 , den wir für den 2. Juli wieder geplant haben. Jedes Jahr bekommen wir für dieses Projekt mindestens 2000 bis 3000 Euro zusammen, plus so manche Sonderaktion.

Sie schlagen von Neustadt aus eine Brücke nach Afrika. Wie sieht es mit der Brücke nach Thüringen aus?

Die Grenzöffnung vor 20 Jahren war eine wichtige Etappe für unsere Schule. Das war ein Highlight. Ich war damals noch nicht hier - ich habe das von Kronach aus miterlebt, da hat Ähnliches stattgefunden. Da haben sich die Schulen an der Organisation der ganzen Hilfestellungen beteiligt, die da notwendig waren. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit gibt es heute leider nicht. Wir haben das immer wieder angeregt, zum Beispiel über ein Fernsehprojekt oder über Musikkooperationen. Das Vorhaben ist durch Umstrukturierungen in Sonneberg immer wieder zum Erliegen gekommen. Es ist erstaunlich, dass eine gewisse Grenze in den Köpfen immer noch existiert.

Was kann denn die Schule tun, damit ihre Schüler diese Zusammenarbeit in den nächsten Generationen voran bringen?

Wir bringen unseren Schülerinnen und Schülern nicht nur Fachwissen bei, sondern möchten auch, dass die Kinder wissen, was sie mit diesem Wissen machen werden. Das war das Ziel unseres letzten großen MODUS21-Projektes "Schüler orientieren sich". Was wird aus mir eines Tages? Was will ich werden? Was kann ich überhaupt? Wir möchten den Schülerinnen und Schülern Handwerkszeug an die Hand geben, mit dem sie raus gehen können, sich umschauen und orientieren und damit offener werden. Das machen auch externe Partner, nicht nur die eigenen Lehrer. Die Erfahrungen damit sind äußerst positiv. Der Rückhalt in der Elternschaft dafür ist enorm. Wir versuchen die Kinder offen zu machen, damit sie wissen, warum sie zur Schule gehen. Damit sie ein Ziel haben.

Und, funktioniert das?

Eine 100-prozentige Erfolgsquote hat man im Erziehungswesen nie. Aber ich verfolge das seit 13 Jahren auf dem Empfang der Stadt Neustadt für die Abiturientinnen und Abiturienten. Dort stellen sich die einzelnen Schüler vor. Wenn ich da zehn Jahre zurückblicke, da wäre ich manches Mal gerne unter dem Tisch versunken. Das hat sich in den Jahren erheblich verbessert. Die Zahl derer ohne Plan ist - Gott sei Dank - sehr gering.

Das Arnold-Gymnasium hat mit einem M-Zweig begonnen, war dann Realschule und Gymnasium, öffnet sich jetzt mit Modus21 noch in die Wirtschaft. Wie geht denn die Entwicklung der Schule weiter?

Wir haben im Rahmen von G8 eine ziemliche Debatte: Kürzung der Lehrpläne, Reduzierung des Stoffes. Dann gibt es natürlich auch die, die total dagegen sind. Da gibt es ein aktuelles Schlagwort "Kompetenz kontra Bildung". Von offizieller Seite heißt es, Schülerinnen und Schüler müssen eine Kompetenz haben fürs Fortkommen. Andere sehen einen Verlust an Bildung. Ich sehe das nicht so. Das Ganze gehört zusammen. Es gibt keine Bildung ohne Kompetenzen und umgekehrt. Die Frage, was unsere Schülerinnen und Schüler hier lernen und was sie wirklich an Fachwissen brauchen für die Zukunft, das kann man schon mal in Frage stellen. Natürlich brauchen sie Englisch, das ist die Weltsprache Nummer eins, ohne Englisch geht nichts. Natürlich brauchen sie in sehr vielen Berufen die Mathematik als Handwerkszeug. Die Frage: Brauchen sie Geschichte? Brauchen sie Geografie? Brauchen sie Musik? Oder Kunst? Diese Fragen kann man aufwerfen. Na, für euren Beruf werdet ihr das wahrscheinlich nicht brauchen. Aber ihr werdet irgendwann einmal in Führungspositionen sein - und da ist es unbedingt notwendig, ein gewisses Maß an Allgemeinbildung zu haben. Sich da hinzustellen und nichts von Musik zu wissen, ist blamabel. Oder: Hintergründe aus der Geschichte nicht zu wissen ist blamabel - das geht nicht. Darum meine ich: Das Fachwissen ist nicht überflüssig. Das wird es nie sein. Wir fragen uns: Haben die Kinder gelernt, zu lernen? Das ist das Entscheidende. Wenn sie rausgehen ins Studium, werden sie nur zu einem geringen Teil von dem Wissen zehren können, was sie an der Schule bekommen haben. Sie müssen sich Wissen aneignen können. Das müssen sie an der Schule gelernt haben.

Und? Lernen die Schüler am Arnold-Gymnasium, wie man lernt?

Wir arbeiten daran die ganze Zeit. Aber vielleicht ist es uns noch nicht ganz in Fleisch und Blut übergegangen, zu sagen, das Lernen lernen ist das A und O. Mit welchem Fachwissen man das macht, ist eigentlich sekundär. Wenn wir Latein lernen: Die Kulturwiege unseres europäischen Raums, die Wurzel vieler europäischer Sprachen. Aber was investiert man alles in Latein? Ich meine, das könnte man billiger auch haben. Das Entscheidende ist: Durch das Lernen von Latein lernt man das systematische Lernen.

Wo haben Sie das Lernen gelernt?

Vielleicht auch über Latein. Ich habe in meiner Schulzeit selbst alle Tiefen und Höhen eines Schülers durchlaufen. In der 7. Klasse hat mein Vater einen Brief bekommen, wo ihm nahe gelegt wurde, den Sohn vielleicht doch lieber auf die Mittelschule zu schicken. Ich habe damals gesagt, das will ich nicht. Dann habe ich eineinhalb Jahre versucht, wieder ran zu kommen - es ist gelungen. Ab Mitte der 9. Klasse war das Tal durchschritten. Latein hat sicher einen gewissen Anteil daran gehabt, da musste ich mich wirklich hinsetzen. Wofür braucht man das? Die Frage ist nicht gestellt. Wenn man ein Problem gelöst hat, etwas heraus gefunden hat, ist das etwas Schönes, da freut man sich. Vielleicht bin ich deshalb auch Mathematiker geworden - die denken genauso.

Alle sprechen von lebenslangem Lernen. Was lernen Sie im nächsten Schuljahr?

Das weiß ich - Gott sei Dank - noch nicht. In meinem Beruf ist man vor Überraschungen nicht sicher. Ich bin 35 Jahre lang Lehrer, ich bin 20 Jahre lang im Direktorat, aber es gibt immer wieder Überraschungen.

Was war die größte Überraschung?

Oft sind es negative Beispiele, aber die möchte ich nicht in den Vordergrund stellen. Vor kurzem hatte ich ein Gespräch mit Klassensprecherinnen einer Klasse, wo es Probleme gab. Das war ein sehr positives Gespräch. Das war kein Meckern sondern die Schülerinnen haben das Problem sehr realistisch und sehr klar gesehen und gut abwägend argumentiert. Das hat mich unheimlich gefreut. Da habe ich gesehen, da ist Potenzial vorhanden. Ich möchte weg von dem Ärger über Schüler, weil sie zu faul sind, weil sie keine Hausaufgaben gemacht haben, weil sie verschlafen haben, sondern die positiven Elemente sehen. Die 95 Prozent sehen, die sich anstrengen, die keine Probleme machen, und das in den Vordergrund zu stellen, ist mir sehr wichtig. Was haben wir wirklich für Schülerinnen und Schüler? Da sind viele Rohdiamanten dabei. Das ist ein Potenzial. Es sind Rohdiamanten, die es zu schleifen gilt. Sie müssen sorgfältig geschliffen werden, denn Diamanten kann man leider auch verschleifen.

Was ist das Besondere am Neustadter Diamanten-Schliff?

Ich glaube, dass wir offen sind für viele Tätigkeiten, bei denen die Schüler in ihrer Eigenverantwortung gefordert sind. Das beginnt bei den Kleinen mit dem Schul- und Forschungsgarten, in dem sie selbstständig arbeiten, auch in den Ferien. Das geht weiter bei der Schülerzeitung - völlig in eigener Regie. Da kann es auch sein, dass die Redaktion mal ein Wochenende in der Schule übernachtet. Da gehören auch die Schulsanitäter dazu, die professionelle Arbeit leisten. Erst vor kurzem hatten wir so ein Beispiel, wo sich ein Schüler den Finger abgequetscht hat. Der kam hierher und ich habe das gesehen. Mir ist es kalt den Rücken runter gelaufen. Die Schulsanitäter kamen, haben das Problem vorbildlich gelöst. Als der Notarzt kam, hat er gesagt: perfekt. Die Eigenverantwortung der Schüler, das ist das, was wir versuchen zu forcieren - vielleicht ein wenig mehr als andere.

Interview: Tim Birkner


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